Neun Osteuropäische Staaten der EU fordern jetzt, die strengen Schuldenregeln der EU zu lockern. So sollen beispielsweise staatliche Zuschüsse für die private Rentenversicherung wieder angerechnet werden dürfen. Vor allem Polen und Ungarn machen sich für diese Änderung der EU-Regeln stark. In einem offiziellen Schreiben an die EU-Kommission, fordern dies die Finanzminister von Polen und Ungarn, aber auch Schweden, Bulgarien, Litauen, Lettland, Rumänien und die Slowakei unterzeichneten den Änderungswunsch. Vor allem die hier genannten Osteuropäischen Länder haben erst kürzlich die staatliche Unterstützung privater Altersvorsorge eingeführt, was ihre Staatsschuldenquote enorm in die Höhe treibt. Damit verstoßen sie ungewollt gegen den europäischen Stabilitätspakt. Verhindert werden kann dies aber nur, wenn die Übergangsregelung, die bisher vorsah Einzahlungen für das Rentensystem in die Berechnung der Schulden nicht mit aufzunehmen, über einen längeren Zeitraum ihre Gültigkeit behält. Länder wie Polen und Ungarn empfinden es vor allem deshalb als ungerecht jetzt für ihre Schwierigkeiten den Stabilitätspakt einzuhalten bestraft zu werden, weil ihnen die Einführung eines privaten Rentensystems von der Europäischen Union aufgezwungen worden war. Da Polen und Ungarn in den nächsten Jahren in Folge die Präsidentschaft der EU innehaben werden, haben sie gute Chancen, ihre Forderung auch durchzusetzen.
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Mossad-Agent nach Deutschland überstellt
Gestern wurde der mutmaßliche Mossad-Agent, der seit einigen Wochen die Presse und Regierungen beschäftigt, nach Deutschland überstellt. Nach Ermittlungen deutscher und polnischer Behörden, soll der in Polen verhaftete Israeli Uri Brodsky, an der Ermordung eines Hamas-Funktionärs Anfang des Jahres in Dubai, beteiligt gewesen sein. Er wurde gestern Nachmittag auf dem Flughafen Warschau an die deutsche Polizei übergeben. In Deutschland, ebenso wie in anderen europäischen Ländern, liegt ein Haftbefehl gegen Brodsky vor, der beschuldigt wird, Pässe gefälscht und mit deren Hilfe die Täter des Anschlages in Dubai unerkannt ins Land geschmuggelt zu haben. Bisher bestreitet der Beschuldigte die Anschuldigung.
Probleme im polnischen öffentlichen Dienst
Polen gilt als ein wahres Paradies für Staatsbeamte. Ãœber 132.000 Mitarbeiter werden öffentlichen Dienst beschäftigt. Bei steigender Tendenz. Um ganze 11 Prozent stieg die Zahl der Bürokraten im vergangenen Jahr. Das sind 20 Prozent mehr, als noch vor fünf Jahren. Das Problem dabei ist, dass die schnelle und oft recht unkontrollierte Erweiterung des polnischen Beamtenaparates, eine Verschlechterung der Effizienz nach sich zieht. Viele Beamte, für die in den letzten Jahrzehnten Bestechlichkeit eine notwendige Ãœberlebensstrategie war, geben diese „Bräuche“ an die nächste Generation weiter. Eine Entlassung inkompetenter oder korrupter Beamter findet in Polen nur selten statt. Die stellvertretende Direktorin des Niederschlesischen Regionalbüros, erörterte das Problem im politischen Maganzin „Wprost„: „Ohne die Freigabe der ineffizienten Arbeitnehmer können es sich die Behörden nicht leisten, Spezialisten zu beschäftigen oder bestimmte Arbeit an externe Unternehmen zu vergeben. Nun gibt es eine wachsende Zahl von neuen Mitarbeitern, aber die Effizienz sinkt.“ Versuche eine Rationalisierung der Arbeitsplätze des Öffentlichen Dienstes zu erreichen, wurden bisher geblockt. Langfristig wird aber auch Polen um eine Änderung in diesem Bereich nicht herumkommen.
Demonstation gegen Kaczynskis Gedenkkreuz
Das Errichten eines Gedenkkreuzes für den bei einem Flugzeugabsturz verunglückten Präsidenten Lech Kaczynski, hat überraschend massiven Widerspruch in der Bevölkerung ausgelöst. Nicht die Tatsache eines Gedenkkreuzes an sich, sondern der Ort, an dem dieses aufgestellt wurde, sorgt bei Vielen für Empörung. Tausende Demonstranten gingen in der Nacht zum Dienstag auf die Straße, um ihrer Forderung nach einer Umsetzung des Kreuzes Nachdruck zu verleihen. Denn der Standort, direkt vor dem Präsidentenpalast, verstößt gegen die in der polnischen Verfassung garantierte Trennung von Kirche und Staat. Doch in diesem Punkt sind die Bewohner des Landes verschiedener Meinung. Für viele Menschen ist das Kreuz notwendig, um ihren Schock über den Absturz der Präsidentenmaschine und dem Tod eines großen Teiles der damaligen Regierung zu verarbeiten. Als Behörden vor einigen Tagen das Kreuz tatsächlich abbauen wollten, um es vor einer nahe gelegenen Kirche wieder aufzubauen, wurden sie von einer Demonstration der Befürworter des ungewöhnlichen Standortes für dieses Gedenkkreuz daran gehindert. Die polnische Verfassung gibt den gestern demonstrierenden Gegnern des derzeitigen Standortes Recht. Aber in einem so stark christlich sozialisierten Land wie Polen, wird es für die Behörden nicht ganz einfach sein, sich allein an der Verfassung zu orientieren.
Neuer polnischer Präsident tritt offiziell sein Amt an
Der 58-jährige Bronislaw Komorowski tritt die Nachfolge für den im April verunglückten Lech Kaczynski an, nachdem er im Juli die Stichwahl gegen Jaroslaw Kaczynski gewann. Doch für den neuen Präsidenten ist es ein schwerer Start. Die Stimmung in Polen ist gedrückt bis hasserfüllt. Für fanatische Anhänger der Kaczynski-Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) wäre der Zwillingsbruder Jaroslaw Kaczynski der einzig wahre Nachfolger für das Präsidentenamt gewesen. Komorowski ließ sich nicht anmerken, was er angesichts des Hasses fühlte, der ihm nicht nur auf der Straße von den PiS-Anhängern, sondern sogar in der Nationalversammlung entgegenschlug. So blieb der PiS-Vorsitzende Jaroslaw Kaczynski dem feierlichen Staatsakt demonstrativ fern. Eine Mitschuld am Absturz der Präsidentenmaschine in Smolensk wird den liberal-konservativen Bürgerplattform, der auch Komorowski angehört von PiS vorgeworfen. Wie Komorowski Präsident werden konnte, ist vielen unklar, doch er versicherte, dass er für alle Bürger da sein wolle:“sowohl für meine Wähler, als auch für diejenigen, die meinen Konkurrenten Jaroslaw Kaczynski ihre Stimme gaben oder enttäuscht von aller Politik bei der Wahl zu Hause blieben.“ Für einige Anwesenden war die Missachtung für den neuen Präsidenten unverständlich. Der ehemalige Präsident Lech Walesa, der 1989 Polens als erstes Land des damaligen Ostblocks in die Unabhängigkeit geführt hatte, verfolgte die Feier von der Empore des Parlaments aus. Er konnte nur den Kopf schütteln: „Wir haben eine Demokratie in Polen. Es haben Wahlen stattgefunden. Das Volk hat entschieden. Jetzt gebieten es die demokratischen Regeln wie auch der Anstand, dass alle, auch die politischen Gegner, den neuen Präsidenten akzeptieren und ihm die gebührende Achtung erweisen.“ So ähnlich sieht das auch der Präsident des EU-Parlaments, Jerzy Buzek, der die Feier ebenfalls von der Empore betrachtete. Er sagte: „Dass der Chef der wichtigsten Oppositionspartei in Polen der Vereidigung des neuen Präsidenten fern bleibt, zeugt von einer Missachtung der Demokratie. Das ist äußert beunruhigend.“ Doch Komorowski hat viel gutes vor. Er möchte Polen stärker an der Debatte um Europa beteiligen. Dabei komme dem Verhältnis zu Frankreich und Deutschland große Bedeutung zu. Doch das wichtigste für ihn ist auch eine längst fällige Aussöhnung mit Russland.